Papa, was macht der Postbeamte an Bord?
So oder so ähnlich könnte nicht nur eine Kinderfrage lauten. Seien wir ehrlich, die wenigsten wissen genau was es mit Postlern und ihrem Dienst auf Schiffen auf sich hat. Zudem findet man zwar ab und an einen Briefkasten an Bord (auch wenn der längst nicht immer gelb ist), aber so mancher mit dem Postdienst beauftragte an Bord tarnt sich geschickt als Zahlmeister oder schlicht als Dame hinter der Rezeption.

Aber nicht nur die Post an Bord von Schiffen soll Thema dieser Seite sein. Wer weiß schon das die Lufthansa eigene Schiffe hatte um den Posttransport über den Atlantik mit ihren Flugzeugen zu ermöglichen. Wer weiß etwas über die Postübergabe zwischen der Do-Wal "Jangadeiro" des Condor-Flugdienstes und dem deutschen Schnelldampfer "Cap Arcona", wer kennt die Blechdosen-Post von Tonga oder die "Postbojen" des NDL.

Hier wird in lockerer Folge auf einige spezielle Geschichten, Phänomene und Storries aus der Welt des maritimen Posttransports eingegangen.

Den Auftakt macht heute eine relativ kurze Geschichte: Post von Bord der U.S.S. Europa


Post von Bord der
U.S.S. Europa (AP-177)

Vorgeschichte

Sehr früh erschien es notwendig den Postverkehr von Bord der Kriegsschiffe zu regeln. Neben den Grüßen und privaten Nachrichten der Besatzungsmitglieder waren es vor allem dienstliche Nachrichten die es in Kriegszeiten vor dem Feind und in Friedenszeiten vor den Augen neugieriger Konkurrenten zu schützen galt. Waren es zunächst Kurierdienste, so etablierte sich bald weltweit ein eigener maritimer Postdienst in der Marine der Länder. Nicht die älteste, aber allein auf Grund ihrer Größe, eine der mächtigsten maritimen Postorganisationseinheiten stellt die US Navy.
Als Präsident Theodore Roosevelt 1907 die "Great White Fleet" auf eine Weltreise schickte, rückte das Problem des kostengünstigen und sicheren Posttransports für die USA ins Zentrum. Zwar erging die Autorisierung des ersten "Post Office" für die USS Illinois erst einen Tag nach dem sie San Francisco westwärts verlassen hatte, aber mit dem Beschluß des Kongresses vom 27. Mai 1908 und der daraus folgernden "General Order No. 74 des Navy Departments, Washington, vom 27. Juni 1908 war der Grundstein gelegt. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges war der Postdienst eine zusätzliche Aufgabe für ein Crew-Mitglied. Erst danach (1959) gab es den "Navy Mail Clerk" (heute Custodian of Postal Effects).
Ein "Sea Post Office" führt nicht nur einfach einen Poststempel, es werden Briefmarken verkauft, Einschreiben und Wertbriefe bearbeitet, Zahlungsanweisungen ausgeführt - kurz alles was ein ortsübliches Postamt bietet findet an Bord statt. Dennoch unterliegen die Postler auf den Schiffen besonderen Regeln. Sie sind sowohl "postalisch" als auch "militärisch". Es gelten die Bestimmungen der United States Post, ergänzt durch Anweisungen des Navy Departments und der lokalen Commander. Die Postämter an Bord gelten als "Inlandspostamt" und der Transport der Post erfolgt soweit möglich über entsprechende Stellen des Verteidigungsministeriums bzw. der USA. So waren die Postämter an Bord zunächst "Branches" des New York City Post Office bevor die Versorgung und Zuständigkeit auf die Heimathäfen bzw. Fleet Post Offices überging. Am 1. Mai 1980 wurde mit der "Military Postal Service Agency" ein Dach für alle militärischen Postbereiche der USA geschaffen und die Bordpostämter verfügen inzwischen über ein eigenes ZIP-Code-System (Postleitzahlen). Inzwischen führten weit über 5.000 Schiffe mehr als 40.000 offizielle Poststempel.

Die Europa des NDL wird Amerikanerin und schließlich Französin

Die 1928 für den Norddeutschen Lloyd erbaute MS Europa hatte, einmal von britischen Bomben getroffen, nicht ernsthaft beschädigt den Krieg überstanden. Nach amerikanischen Quellen verhinderte die Besetzung Bremerhavens am 7. Mai 1945 die unmittelbar geplante Zerstörung des Schiffes. Am 8. Mai 1945 wurde die Europa in Bremerhaven von 2 Navy Lieutenants und 24 amerikanischen "Blau-Jacken" für die USA als "prize of war", als Kriegsbeute also, übernommen und unverzüglich an die US Navy übergeben. Bereits am 25.08.45 wurde sie unter dem Befehl von B.F. Perry als Truppentransporter in Dienst gestellt. Aus der MS Europa wurde die USS Europa.

Von Bremerhaven ging die erste Reise als USS Europa (AP-177) über Southampton, wo sie über 4.500 Mann übernahm, nach New York. Nach dem Einlaufen am 24.09.45 erfolgte ein kurzer Umbau zum Truppentransporter und zwei weitere Reisen nach Southampton um von dort Einheiten in die USA zurück zu transportieren. Ihre 3. und letzte Reise führte sie ab dem 15.03. über Kirkwall und die Orkney Inseln nach Bremerhaven, wo sie am 24.03.46 anlegte. Diese 3 Reisen waren nicht gerade die glücklichsten. Immer wieder brachen Brände aus, von denen einer rund 9 Stunden wütete. Nach jeder Reise waren hunderttausende Dollars notwendig um das Schiff wieder in Stand zu setzen. Bereits vor der Übernahme durch die USA war es häufiger zu kleineren Bränden gekommen. Allein 5 waren, fast zeitgleich, an einem Tag ausgebrochen.


     Die Europa unter amerikanischer Flagge:
Die Europa unter der Flagge der USA

Die Ursache sahen die Amerikaner in der mangelnden Installation, aber auch darin, dass wärend des Krieges Stahlteile der Einrichtung entnommen und gegen Holzbalken ausgetauscht worden seien. Am 02.05. 1946 wurde sie daher bereits wieder von der US Navy Außerdienst gestellt und am 08.06.46 dem amerikanischen Außenministerium und von dort als deutsche Teil-Reparationszahlung für den Verlust der SS Normandie an Frankreich übergeben. Aus der deutschen Europa war die amerikanische Europa geworden und wurde schließlich die französische Liberte der French Line. Doch zuvor sollte sie bei den Umbauten noch einem Feuer zum Opfer fallen. Aber das ist eine andere Geschichte und die findet sich bei LostLiners :-)


Grüße von Bord USS Europa

Bei den dürren Worten würde die Geschichte enden, gäbe es da nicht die Post von Bord. Bereits relativ kurz nach der Übernahme durch die US Navy war auch der Stempel für das Bordpostamt bereitgestellt worden. Wie zu "Kriegszeiten" üblich ein "stummer Stempel" ohne Namensangabe des Schiffes. Doch damit nicht genug, folgte der reguläre Navy-Stempel und schließlich noch ein runder Doppelkreisstempel mit Schiffsnamen und Kennung zwischen den Kreisen (Typ-9 fnu) für Einschreiben, Zahlkarten und Paketpost. Damit gab es für das kurze Gastspiel der Europa in der US Navy drei Stempel wobei relativ wenige Belege die Zeit überdauert haben und die vor dem Hintergrund der Geschichte des Schiffes von viele Interessenten gesucht werden. Ach ja, und sollte sich jemand fragen was AP bedeutet: Es ist die Klassifizierung als Auxiliary Personnel oder zu gut deutsch Hilfsschiff Truppentransporter


USS Europa
(AP-177)
Beleg zum Navy Day auf Sonderumschlag:
US Marine Hilfsschiffe mit Panama-Kanal-Siegel
"Stummer" Einkreisstempel Typ-2 z
Stummer Einkreisstempel
mit 4 Killer-Bars:
Typ-2 z
Verwendungszeit 15. 10.1945
02.05.1946

USS Europa
(AP-177)
Beleg vom Letzttag Einkreisstempel Typ-2 n
Einkreisstempel
mit 4 Killer-Bars:
Typ-2 n
Verwendungszeit 15. 10.1945
02.05.1946


© 2003 Oceanliners.de